Kein bedienter Bahnhof mehr?
Allein in den letzten 8 Tagen haben wir aus den Medienmitteilungen der SBB erfahren, dass 4 bediente Verkaufsstellen aufgehoben werden. Man müsse der konstant abnehmenden Nachfrage gerecht werden, lässt man sich verlauten. Die Kundinnen und Kunden kämen auch ohne Schalter einfach und schnell zu ihrem Billett. Betroffen sind die Bahnhöfe Glattbrugg, Winterthur Seen, Aadorf und Nebikon.
Den Kunden wird schmackhaft gemacht, dass man von Nebikon z.B. Sursee mit einer S-Bahn in 8 Minuten erreiche. Notabene ein Weg. Und das Zugbillett von Fr. 7.40 retour mit Halbtax darf der Kunde selber berappen. In Aadorf ist der nächste Bahnschalter sogar „schon“ in 14 bis 18 Minuten mit der S-Bahn zu erreichen. Wo ist das Problem?
Erreicht man dann ein Bahnreisezentrum in einem Zentrumsbahnhof, so einer ist z.B. Luzern, dann kann es durchaus sein, dass man mit einer längeren Wartezeit rechnen muss. So geschehen am Donnerstag, 4. April um 19.50 Uhr. Ganze 30 Minuten Wartezeit. Eine engagierte junge Schaltermitarbeiterin hatte versucht, die Kunden abzufangen und die Probleme am Billettautomaten zu lösen. Es wurde aber schnell klar, dass all die Wartenden auf die Bedienung am Schalter angewiesen waren. Viele Kunden sind angesichts dieser Wartezeit verärgert gegangen.
Nicht nur die digitalen Verkaufskanäle sind dafür verantwortlich. Unattraktive Öffnungszeiten, Schliessung von bedienten Bahnschaltern, eingeschränkte Billettangebote (z.B. keine Sparbillette/-tageskarten) gegenüber den digitalen Kanälen etc. tragen das Ihre dazu bei. Allein in den letzten zwei Jahren wurden knapp 10 % der bedienten Bahnhöfe aufgehoben. Was hat der Kunde für eine Alternative als auf digitale Kanäle zu wechseln? Er muss sich damit abfinden, die nötigen Anschaffungen tätigen und muss sich selber im Dschungel der Apps und Kundenlogins zurechtfinden. Erschwerend hinzukommt, dass noch nicht mal alle Billette/Dienstleistungen, die ein Billettschalter erbringt, digital verfügbar sind. Hier sind die Transportunternehmungen gefordert, ihre Hausaufgaben zu machen.
Pro Bahn Schweiz fordert deshalb, dass bevor weitere bediente Bahnhöfe einfach ersatzlos geschlossen werden, nach innovativen Lösungen gesucht wird. Im digitalen Bereich ist man erfinderisch. Warum nicht auch hier? Ein Ideenwettbewerb könnte sehr hilfreich sein.
Würde es in diesem rasanten Tempo weitergehen, so gäbe es in 312 Tagen keinen bedienten Bahnhof mehr. Interessant ist, dass kein Aufschrei erfolgt. Sind die Billettschalter erst einmal geschlossen, dann ist es zu spät. Die Politik ist hier gefordert.