Juhui, wir sind «Libero» aber Sparen können wir vergessen!
Mit einem einzigen Fahrausweis von Interlaken Ost nach Bern fahren. Kostet – ohne Halbtaxabo – am Dienstag 17.12.19 sagenhafte 28 Franken, mit dem IC um 13.00 direkt nach Bern, Fahrzeit 52 Minuten. Wer eine Woche früher, am Dienstag 10.12.19 denselben IC Zug besteigt, bezahlt ganze 8 Franken und 40 Rappen. 70% weniger! Oder umgekehrt gerechnet schlägt diese Verbindung um 233% auf. Ein Skandal – oder nur wunderlich?
Die Liberoverantwortlichen machen uns weise, dass man neu mit dem Zonenbillett schon ab allen Busstationen im Bödeli, warum nicht ab Gsteigwiler, und in Bern ins Galgenfeld oder bis Ortschwaben für denselben Preis fahren kann, die Reise dabei dem Thunersee entlang mit dem Bus via Gunten oder dem Zug via Spiez unternehmen und erst noch ab Thun wahlweise via Belp oder Münsingen fahren kann. Brauch ich nicht, ich will dienstags von Interlaken Ost nach Bern Bahnhof, um 13 Uhr. Und jetzt gibt’s keine Sparbillette mehr auf diesem SBB-IC. Wirklich unverschämt!
Damit steigt das Berner Oberland, der Kanton Bern, in die sparbillettlose Wüste der Ostschweiz ab. Bad Ragaz – St. Gallen im IR, am Dienstag, 10. oder 17. Dezember, ab 13.27, Fahrzeit 68 Minuten kostet – ohne Halbtaxabo – 30 Franken 60 Rappen. Die Ostwindverantwortlichen halten mir vor, dass ich für denselben Betrag auch von Pfäfers bis nach Schaffhausen, via Rorschach – Kreuzlingen, fahren könnte. Will ich aber nicht.
Da lobe ich mir den IR von Sierre nach Montreux, wiederum am 10./17. Dezember, ab um 12.50, Fahrzeit 56 Minuten. Hier bezahle ich – immer ohne Halbtax-Abo – nur 15 Franken 20 Rappen statt satte 30 Franken. Natürlich mit Sparbillett, denn das Wallis ist noch tarifverbundfrei. Als Einschränkung muss ich hinnehmen, dass ich nicht bereits in Sierre Techno-Ark einsteigen und für den gleichen Preis bis Vuarennes ob Montreux fahren kann. Zudem ist mein Sparbillett, ein reines Streckenbillett und kein Zonenbillett, nur via PC oder Handy auf der SBB-App lösbar. Am Schalter kaufen heisst, den vollen Preis zu bezahlen.
Kurz ausgedrückt: Diese Preispolitik im öV gehört an den Pranger gestellt! Es liegt nicht an den SBB, sondern am «hoheitlichen Anspruch» der regionalen Tarifverbunde, welche für einheitliche Preise – sprich genügend hohe Kostendeckung – im Regionalverkehr sorgen. Doch Regional- und Fernverkehr überlagern sich fast in allen Teilen der Schweiz. Hier ist eine neue Preispolitik gefragt. So wie dies von Pro Bahn Schweiz im Gespräch mit der Branchenorganisation CH-Direkt bereits mehrfach gefordert wurde. Siehe auch Artikel im Infoforum Nr. 4/2019. Wann handeln die verantwortlichen Politiker in Bundesbern bis hin zu Bundesrätin Sommaruga und zwingen die kantonalen öV-Barone in die Knie? Sonst bleibt der öV für manche wirklich unbezahlbar. Solch absurde Preisspielereien machen die Runde, was das schlechte Preiseimage des öV vertieft. Zu guter Letzt: Mein Sparbillett von Sierre nach Montreux will ich in Zukunft auch am Schalter kaufen können, das ist Fairness allen Kunden gegenüber.
Kaspar P. Woker, 8. Dezember 2019
Bild: Aufgenommen im Bahnhof Thun im März 2013. Fotograf: Theo Iff