Ein zweites Leben in der Ukraine für elf «Vevey-Trams» von Bernmobil
Am 3. Juni begann die vier Wochen dauernde Ausbildung von vier Fachkräften des Verkehrsbetriebs Lvivelektrotrans bei Bernmobil. Diese umfasst im wesentlichen folgende Themenfelder:
- Bedienen und Fahren
- Störungsbehebung
- Mechanische und elektrische Instandhaltung
- Umgang mit der (alten) Elektronik.
Die vier Personen werden danach ihre Kolleg:innen in Lviv an den Fahrzeugen ausbilden.
Das Seco wendet für diese Aktion 1,8 Mio. Franken auf, die für den Transport der Wagen in die Ukraine, die oben genannte Ausbildung und eine Zustandsanalyse des Lviver Tramnetzes verwendet werden. Die Wagen sollen nochmals 10 bis 12 Jahre in Lviv eingesetzt werden. Nun wird sich mancher Fragen, warum die Wagen dann nicht 10 Jahre länger in Bern eingesetzt
werden?
In der Schweiz sind Arbeitskräfte teuer, und ältere Wagen weisen einen stark steigenden Unterhaltsaufwand auf, weshalb es wirtschaftlich ist, sie nach rund 30 Jahren Betrieb durch neue zu ersetzen. Das nötige Kapital ist in der reichen Schweiz vorhanden. In der Ukraine sind Arbeitskräfte für Unterhaltsarbeiten billig und es fehlt an Kapital, um neue Wagen zu beschaffen, weshalb gebrauchte Wagen aus Westeuropa willkommen sind.
Eine erste Tranche an Wagen wird voraussichtlich im Spätsommer in die Ukraine transportiert, der Rest folgt Anfang 2025. Der Transport erfolgt auf der Strasse. Hauptgrund dafür ist, dass bei einem Transport per Eisenbahn die Wagen an der ukrainischen Grenze aufwändig umgeladen werden müssten, denn die ukrainischen Eisenbahnen in russischer Breitspur gebaut sind.
Derzeit untersucht das Seco die Möglichkeit, 20 Wagen der Baselland Transport AG, die ebenfalls dieses Jahr ausrangiert werden, auch nach Lviv abzugeben. Die Stadt Lviv hat einen dringenden Bedarf an Tramwagen, sei es wegen der Überalterung des Wagenparks oder wegen der Tatsache, dass die Bevölkerung seit Kriegsbeginn um 20% zugenommen hat.
Das zwölfte Vevey-Tram wird als historisches Fahrzeug in Bern bleiben; es soll so umgebaut werden, dass es das etwas altersschwache heutige Restaurant-Tram entlasten kann.
Dieter Schopfer